Heute Morgen wache ich im regennassen April auf. Die satte Luft und die grüne Natur bringen das wohlige Gefühl von Regennächten in meinem Kinderzimmer zurück und erinnern mich an das Regentropfenprélude von Chopin. Es klingt in meinem inneren Ohr, noch bevor ich es denken kann.
Ich habe es schon länger nicht mehr gespielt und davor nur angelernt. Alle paar Wochen klingt es in mir und so kommt es aufs Klavierpult.
Dann wieder interessiert mich anderes.
Ja, so entwickle ich mein eigenes Spiel derzeit weiter – im schnellen Wechsel meiner Aufmerksamkeit auf häufig sehr unterschiedliche Schwerpunkte. Alles bewegt sich gerade so in meinem Leben. Und es bewegt sich meist in einem ganz natürlichen inneren Tempo – mal langsam, mal schnell, mal mit Unterbrechungen, dann wieder weiter… Auswendig-Spiel ist gerade nicht.
Spontan entscheide ich mich: Ich will Euch am Prozess meines eigenen Übens teilhaben lassen. Ja genau, mein Üben videografieren.
Jetzt!
Drei Mal ganz durch, mit wachem Verstand und gleichzeitig möglichst nachsichtig mit mir, weil ich den Ablauf noch nicht ganz drauf habe, Mini-Korrekturen – mehr Zeit bleibt nicht… Und so lade ich Euch nun die dritte Aufnahme hoch.
Wo ich gerade stehe?
Selbstbeobachtung:
Überblick über die Form: ganz ok. Notentext genau? – Schade, am Ende noch ein kleiner Ausrutscher. Die Schultern: Was machen die? So viel Anstrengung? Wäre vielleicht auch mit weniger Anspannung möglich … Dynamik? Liegt das an der Handy-Aufnahme oder bleibe ich an vielen Stellen zu laut? Gut, im ‚sotto voce‘ habe ich bewusst das linke Pedal weggelassen, auf dass meine Finger dynamischer gestalten. – Aber geht das nicht leiser? Werde ich beim nächsten Mal überprüfen. Ziemlich mechanisch klingt das, aber es ist eben mein konzentrierter, mehr mental ausgerichteter Vormittags-Übemodus. Zwischen zwei Schülern und Unterrichtvorbereitung.
Ein bisschen weniger Zähne-Zusammenbeißen wäre definitiv angenehmer anzusehen …
Ok.
Vielleicht mal wieder abends spielen, wenn die Zeit nicht so drängt! Vermutlich wird es dann leichter wieder in einen natürlichen Atem zurück finden und ich werde freier schwingen können.
Ich freue mich auf den ruhigen Moment, der es mir ermöglicht, mich ohne Zeitbegrenzung ganz hineinzugeben.
Vertrauter werden.
Loslassen.
Hören.
Genießen.
Dann.